Das römische Rufiniana – Wo liegt es? Umfassender Artikel

Artikel (Oktober 2019)

Ptolemäus‘ römisches Rufiniana: Indizien für eine Lage im Raum Mutterstadt

von Herbert H.W. Metzger1 und Kord Ernstson2

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Zusammenfassung

Das von Ptolemäus im Jahr 150 hinterlassene Zitat „Rufiniana, gelegen zwischen Worms und Speyer“ bezog sich auf eine militär- und handelsstrategisch extrem wichtige römische Stadt am Rhein, deren genaue Lage bis heute ungeklärt ist und die zu verschiedenen Vermutungen einer Lokalisierung geführt hat. Die in den dreißiger Jahren von einem Heimatforscher und Ortschronisten geäußerte Ansicht, Rufiniana könne gut im Bereich der Gemarkung Mutterstadt gelegen haben, hat zu umfangreichen neuen Recherchen, Überlegungen und Rekonstruktionen zu einer Lage zwischen Alsenborn und Ladenburg geführt, über die hier berichtet wird. Als Ergebnis wird eine kritische Bestandsaufnahme früherer archäologischer Argumentationen gemacht und dargelegt, dass die ursprüngliche Idee aus den dreißiger Jahren zur Lage von Rufiniana bei Mutterstadt klar zu verifizieren ist.

Schlüsselwörter: Rufiniana, Römersiedlung, Rheintal-Straße, Archäologie, Geophysik, Digitales Geländemodel

Ptolemy’s Roman Rufiniana: New evidence for its location

Abstract.- The quotation „Rufiniana, situated between Worms and Speyer“, left by Ptolemy in 150, referred to a Roman town on the Rhine which was extremely important in terms of military and trade strategy and whose exact location has not been clarified to this day and which has led to various assumptions of a localisation. The opinion expressed in the 1930s by a local historian and chronicler that Rufiniana could have been well situated in the area of the Mutterstadt district has led to extensive new research, considerations and reconstructions, which are reported here. As a result, a critical inventory of earlier archaeological arguments is made and it is stated that the original idea from the thirties regarding the location of Rufiniana near Mutterstadt must be clearly verified.

Key words: Rufiniana, Roman settlement, Rhine valley road, Archeology, Geophysics, , Digital Terrain Model

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1 Herbert H.W. Metzger, Industriekaufmann, Gründungsvorstand des Historischen Vereins der Pfalz Ortsgruppe Mutterstadt; An der Fohlenweide 28, 67112 Mutterstadt; herbertmetzger@metzger.de; Prof. Dr. Dr. habil. Kord Ernstson, Philosophische Fakultät, Universität Würzburg, 97074 Würzburg; kernstson@ernstson.de.

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Inhalt

1         Einführung – Die bisherigen Kenntnisse und Vermutungen zur Lage von Rufiniana
2         Die neuen Untersuchungen
2.1      Vorbedingungen
2.2      Literatur-Recherche
3         Geländebefunde
3.1      Das Digitale Geländemodell
3.2      Geophysikalische Messungen
3.2.1   Überblick
3.2.2   Bodenradar
3.2.3   Impuls-Elektromagnetik
3.2.4   Geomagnetik
3.2.5   Umfang der Messungen
4         Das neue Modell zur Lage von Rufiniana bei Mutterstadt
4.1      Die Straßen
4.2      Die Wasserwege und Wasserhaltung
4.2.1   Die antiken Bachzuflüsse zum Rhein und die örtliche (Brauch-)        Wasserversorgung
4.2.2   Der Hafen am antiken Rhein und Neckarzufluss – Geophysik
4.3      Siedlungshinweise
4.3.1   Übersicht
4.3.2   Der südliche Bereich einer angenommenen Siedlungskonzentration
4.3.3   Der nördliche Bereich einer angenommenen Siedlungskonzentration
4.3.4   Ungeklärte Verhältnisse in einem mittleren Bereich
5         Diskussion
6         Schlussfolgerungen

Literatur
Anhang

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1 Einführung – Die bisherigen Kenntnisse und Vermutungen zur Lage von Rufiniana

Rufiniana (nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen antiken Stadt in Tunesien) ist der Name eines Ortes am Oberrhein (Abb.1, Abb. 2), den der griechische Astronom, Mathematiker, Geograf und Philosoph Claudius Ptolemäus um 150 als Siedlung der Nemeter in der römischen Provinz Germania superior erwähnt. Von den Historikern wird sie meist als eine römische Zollstation im Gebiet zwischen Speyer und Worms lokalisiert; frühe Überlegungen sind z.B. bei Zangemeister (1898) und Hildenbrand (1913) zu finden.

Rufiniana Lage

Abb. 1. Übersichtskarte Rufiniana (Pfeil).

Als wahrscheinlichster Standort gilt gegenwärtig die pfälzische Stadt Eisenberg (Abb.2 ; ca. 20 km wsw‘ von Worms), wo viele Befunde, unter anderem eine Römerstraße, ein gewerblicher Vicus (kleinstädtische Siedlung) und neuere Ausgrabungen auf eine starke römische Präsenz hinweisen. Auch die Eisengewinnung aus Erzen aus dem Pfälzerwald ist nachgewiesen.

Einige Wissenschaftler lokalisieren Rufiniana aber im Ludwigshafener Stadtteil Rheingönheim, während es für eine vereinzelte Gleichsetzung mit dem elsässischen Rouffach (deutsch Rufach) kaum Belege gibt. Auch eine rechtsrheinische Lokalisierung bei Heidelberg-Neuenheim (Sprater 1952, Hommel 1954 [zitiert von Schleiermacher 1955]) wurde später nicht weiter verfolgt.

Rufiniana Lage bei Mutterstadt am Rhein

Abb. 2. Lageplan für das vermutete Rufiniana bei Mutterstadt.

In der Region zwischen Worms und Speyer verbleibend, hat Prof. Dr. Heinrich Eyselein in seiner Ortschronik von Mutterstadt die Existenz Rufinianas zum ersten Mal in den Bereich der Gemarkungsgrenze von Mutterstadt sowie von Ludwigshafen-Rheingönheim und -Maudach gelegt (Abb. 2) (Eyselein 1938). Er bezieht sich auch auf die Vermutung einer Lage im Bereich des Kastells Rheingönheim, hält diese für ungewiss und sagt dazu in seiner 2. Ortschronik von Mutterstadt (Eyselein 1967), dass Rufiniana „ebensogut eine der römischen Siedlungen auf Mutterstadter Boden gewesen sein“ könnte. Die Vorstellungen von Prof. Eyselein wurden von Metzger (2019) erneut aufgegriffen, umfangreichen neuen Recherchen unterzogen, und werden in den nachfolgenden Ausführungen, die Mutterstadt als Nachfolgeort Rufinianas begreifen, wieder thematisiert.

Wenn in den folgenden Ausführungen regelmäßig der Name Rufiniana zu lesen ist, so wird, um allzu oft die Ergänzungen vermutet, vorgeschlagen, postuliert usw. zu verwenden, deutlich gemacht, dass es sich, abgesehen von Fremdzitaten, stets um das Rufiniana handelt, für dessen Existenz und Lage im Raum Mutterstadt hier der Beweis geführt werden soll. 

2 Die neuen Untersuchungen 
2.1 Vorbedingungen

Grundlage der neuen Vorstellungen zur Lage von Rufiniana im Raum Mutterstatt sind drei wesentliche und grundsätzliche Gegebenheiten und Befunde bzw. Postulate (Abb. 3):

a) der Kreuzungspunkt zweier bedeutender Römerstraßen bei Mutterstadt, der bekannten Nord-Süd-Strecke Basel – Nordsee (Römische Rheintalstraße, z.B. Bernhard 2011) und der vermuteten und hier zu belegenden West-Ost-Strecke von Alsenborn nach Ladenburg.

b) das Gewässernetz im Raum Mutterstadt als Vorbedingung für die Lage einer bedeutenden Römerstadt und ihrer Versorgung mit reichlich Brauchwasser (vermutlich weniger mit Trinkwasser, das aus Brunnen gefördert werden konnte).

c) ein nahegelegener Hafen am damaligen Rheinverlauf für Warenumschlag zwischen Land- und Wasserweg.

Rufiniana Schlüssel-Sachverhalte

Abb. 3. Schematische Karte der drei Schlüssel-Sachverhalte zur Lage von Rufiniana: Kreuzung (a), Fließgewässer (b) und Hafen (c).

2.2 Literatur-Recherche

Ein wesentlicher Teil der Befunde zur Lokalisierung von Rufiniana bei Mutterstadt baut auf den Ausführungen von Prof. Eyselein in seinen Ortschroniken von Mutterstadt auf (Eyselein 1938, 1967). In einer kurzen Aufreihung der römischen historischen Zeitmarken von 55 v.Chr. (linksrheinische germanische Stämme geraten unter die Herrschaft Roms), bis 406 (rechtsrheinische Grenze des römischen Reiches), um 10 v.Chr. Errichtung von 50 Kastellen am Rhein, 41-50 (Kaiser Claudius, Valentianus) Vergrößerung des Kastells Speyer sowie die Anlage eines neuen Kastells zwischen Rheingönheim und Altrip (z.B. Schneider 2018) erwähnt Eyselein zum ersten Mal den Namen Rufiniana und vermutet dieses Kastell als den von Ptolemäus erwähnten Ort am Rhein. Später (Eyselein 1967) fällt dann das bereits oben genannte Zitat, dass Rufiniana „ebenso gut eine der römischen Siedlungen auf Mutterstadter Boden gewesen sein“ könnte.

Angesprochen von Eyselein (1938) wird auch die Anlage (durch Claudius) der Nord-Süd-Strecke Basel – Nordsee (Römische Rheintalstraße), die in Teilbereichen auch die östliche Gemarkungsgrenze von Mutterstadt bildet. Beschrieben wird – hier im Hinblick auf die geophysikalischen Messungen angemerkt – der bei Erdarbeiten festgestellte kiesige Unterbau der Straße und ihre teilweise Zerstörung. Ein mit Kies durchsetzter Geländerücken, der abschnittsweise noch heute zu identifizieren ist, wird ebenfalls erwähnt, wie auch eine Fortsetzung vom Wasserwerk in Richtung Frankenthal.

Aufgezählt von Eyselein werden reichhaltige römische Funde im Bereich der Römerstraße, aber auch abseits, die laut Eyselein beweisen, dass zur Zeit der Römerherrschaft in der Gemarkung Mutterstadt Siedlungen bestanden. Speziell genannt wird eine Ansiedlung zur Römerzeit auf der kleinen Anhöhe vor der Unterpforte. Als beachtenswert erwähnt Eyselein, dass sämtliche Funde der Römerzeit (bis zur Zeit 1938) allein östlich und nördlich von Mutterstadt gemacht wurden. Grund war der Sumpfwald, das Lachengebiet. Dieses ging ab von der „Dannstadter Höhe“ und zog sich, bezogen auf die heutige Mutterstadter Gemarkung, nach Osten hin, bis unmittelbar an die Rufiniana-Straße, welche, wie nachfolgend ausführlich abgehandelt, Alsenborn, via Bad Dürkheim, mit Ladenburg verband.

Rufiniana - Karte der Römerfunde

Abb. 4. Lage des vermuteten Rufiniana im Rahmen der Römerfunde, -straßen und -siedlungen zwischen Rhein und Haardtgebirge. Kartenunterlage vereinfacht und verändert: Stadt-Museum Bad Dürkheim.

Wie der heute archäologische Befund der Römerzeit in der hier interessierenden Region kartiert ist, zeigt Abb. 4 für nachgewiesene und vermutete Siedlungen und Römerstraßen. Im Rahmen der neuen Modellvorstellung zur Lage von Rufiniana wird diese Karte der Archäologen noch eine Rolle spielen.

 

3         Geländebefunde 
3.1      Das Digitale Geländemodell

Das Digitale Geländemodell (DGM 1) beschreibt die Geländeoberfläche mit Datensätzen eines dreidimensionalen Koordinatensystems mit Rechts (X)- und Hochwerten (Y) der üblichen Gauß-Krüger- oder UTM-Netze bzw. von geographischer Länge und Breite, sowie der Geländehöhe (Z) über NHN an regelmäßigen Gitterpunkten.

Rufiniana Mutterstadt Digitales Geländemodell DGM 1

Abb. 5. Das Digitale Geländemodell DGM 1 für die Gemarkung Mutterstadt in Form des schattierten Reliefs („Schummerung“). UTM-Koordinaten. Quelle: Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz.

Die Daten werden aus einer Befliegung mit einem Laser-Scanning (LIDAR) gewonnen, wobei durch ein Datenprozessing alle Gebäude und die Vegetation herausgerechnet werden, sodass das DGM selbst in Waldgebieten die Oberfläche des Bodens sehr genau wiedergibt. Die Datensatz-Benennung DGM 1 bezieht sich auf die Gitterweite der Punktraster 1 m x 1 m, wobei die Lagegenauigkeit der Punkte ca. + 0,5 m bei einer Höhengenauigkeit besser als + 0,2 m ist.

Die Originaldaten des DGM 1 wurden für diese Arbeit vom Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz für die gesamte Gemarkung Mutterstadt nebst Randbereichen erworben, einer Generalübersicht unterzogen (Abb. 5) und in Einzelbereichen bereits analysiert, worauf später noch eingegangen wird. Hier wird ausschnittsweise eine der Möglichkeiten gezeigt, welches Repertoire das DGM 1 an sehr detaillierten und präzisen Geländeanalysen bereithält (Abb. 6).

Digitales Geländemodell Ausschnitt Mutterstadt Topographie Schummerung

Abb. 6. Beispiel-Ausschnitt des DGM 1 aus der Gemarkung Mutterstadt. Links: Topographie, Abstand der Höhenlinien 10 cm. Rechts: Schattiertes Relief derselben Fläche. Man beachte das regelmäßige Muster (WSW – ENE) auf der nördlichen Ackerfläche mit einem Abstand der minimalen Bodenwellen von ca. 10 m. Ein zweites, schwächeres System (SSW – NNE) paust sich ebenfalls durch. Wölbäcker (?) unbekannter Zeitstellung. 

3.2 Geophysikalische Messungen – Bodenradar, Impuls-Elektromagnetik, Geomagnetik   
3.2.1 Überblick

Geophysikalische Messungen gehören heute zum Standard fortschrittlicher archäologischer Erkundungen. Solche Untersuchungen wurden nach vorangegangenen Probemessungen systematisch mit drei verschiedenen, einander ergänzenden Messverfahren (Abb. 7) in ausgewählten, der hier einschlägigen Thematik zugeordneten Arealen durchgeführt. Nach den hier zunächst allgemein und sehr kurz vorgestellten Verfahren, wird auf konkrete Ergebnisse in den nachfolgenden Kapiteln eingegangen.

Bei den Darstellungen der Messfelder und den Geländemessungen ist als wesentlich anzumerken, dass es sich bei den hier vorgelegten Resultaten weitestgehend um Testmessungen in den verschiedenen Bereichen des vermuteten Rufiniana-Areals handelt, was sich in den für archäologische Zwecke meist ungünstig großen Profilabständen von 3 – 5 m ausdrückt. Während die Messung entlang der Profile bei digitalen Abtastraten (sampling rate) von 3 cm (Bodenradar) und 5 cm (bei Impuls-Elektromagnetik und Geomagnetik) liegt und eine extreme Auflösung liefert, bestehen verständlicherweise zwischen Profilen im Meterabstand erheblich Auflösungslücken. Das hat auch zur Folge, dass in den flächigen Iso-Darstellungen die Interpolationsprozesse zu unnatürlich gelängten Anomalien senkrecht zu den Profilrichtungen führen – ein wohlbekannter Effekt.

Rufiniana Geophysik Bodenradar TDEM Geomagnetik

Abb. 7. Im Projekt Mutterstadt eingesetzte Messsysteme (von links): Bodenradar (Transient Technologies VIY3-300, 300 MHz-Antenne), Impuls-Elektromagnetik (EBINGER UPEX 740 M), Geomagnetik (Gradiometer EBINGER MAGNEX 100 B mit EDAD Digitalsystem).

3.2.2 Bodenradar

Von einer Sendeantenne (Abb. 7) werden Radarwellen ausgesendet, die an Störkörpern oder Schichtgrenzen reflektiert und mit einer Empfangsantenne wieder aufgenommen werden. Es können dabei Frequenzen zwischen 20 MHz und 1000 MHz verwendet werden, wobei bei größeren Frequenzen eine höhere Auflösung bei einer niedrigeren Eindringtiefe gegeben ist. Die Verwendung niedrigerer Frequenzen erlaubt eine größere Eindringtiefe, die Auflösungsgenauigkeit hingegen reduziert sich entsprechend. Die Darstellung der Messdaten erfolgt in sogenannten Radargrammen in denen die reflektierten Signale in Abhängigkeit von der Laufzeit (in Nanosekunden, ns) bzw. der Tiefe (m) auf einem Profilschnitt dargestellt werden (Abb. 8). Die Größe der Amplituden wird in einer Farbstufenzuordnung wiedergegeben.Rufiniana Radargramm Mutterstadt römischer HafenbereichAbb. 8. Beispiel-Radargramm aus dem Messareal Mutterstadt. Für die starken, teilweise abrupt endenden Reflektivitäten können geologische Ursachen ausgeschlossen werden. Die Annahme anthropogener Konstrukte ist zwingend.

3.2.3 Impulselektromagnetik

Die Impulselektromagnetik (oder transiente Elektromagnetik, TDEM) ist ein Teilgebiet der Geoelektrik, bei der die elektrischen Leitfähigkeitsverteilungen im Untergrund ermittelt werden. Dazu werden über eine stromdurchflossene Sendeschleife (Abb. 7, Mitte) magnetische Impulse in den Untergrund geschickt. Sie erzeugen dort Induktionsströme, die sich entsprechend gut- und schlechtleitender Materialien ausbreiten und die wiederum mit nach oben greifenden Magnetfeld-Impulsen verknüpft sind. Sie werden von der nun als Empfänger arbeitenden Schleife (auf dem kontinuierlich geführten Schlitten – Abb. 7) aufgenommen und in eine elektrische Induktionsspannung umgewandelt, die die erwünschte Messgröße darstellt. In elektrisch gut leitenden Objekten oder geologischen Schichten werden starke Ströme induziert, deren starkes, sekundäres Magnetfeld in der Schleife starke Induktionsspannungen als merkliche Anomalien hervorrufen kann (Abb. 9).

Rufiniana TDEM EBINGER UPEX 740 M

Abb. 9. Beispielfläche impulselektromagnetischer Sondierungen (100 µs Delay-Zeit) im Messareal Mutterstadt. In der unteren linken Hälfte deutet die scharf abgesetzte geometrische, ca. 15 m breite Struktur mit begleitenden kleineren Anomalien auf einen anthropogenen Ursprung. Dasselbe gilt für die vielen noch schärfer abgegrenzten kleineren, positiven Anomalien mit Dimensionen weniger Meter, wobei zu bedenken ist, dass die Längung in horizontaler Richtung meist, aber nicht immer, durch den Interpolationsprozess mit sehr kleinen Abtastraten auf weitabständigen Profilen bewirkt wird – ein bekannter Effekt. Mehr zu den Anomalien im Text.

3.2.4 Magnetfeldmessungen (Geomagnetik)

Magnetfeldmessungen haben als Grundlage die Eigenschaft der Materie, im Erdmagnetfeld durch einen Induktionsprozess magnetisch zu werden. Bei definierten Körpern kann man sich vorstellen, dass sie selbst zu einem Magneten werden, dessen Magnetfeld sich dem normalen, ungestörten Erdmagnetfeld überlagert. Bei den meisten Stoffen ist dieser induzierte Magnetismus sehr schwach und nur mit sehr empfindlichen Messgeräten nachweisbar. Sehr viel stärker kann er bei Eisen und Stahl werden, aber auch einige Minerale können eine starke Magnetisierung besitzen, was vor allem den Magnetismus von Gesteinen bewirkt. Auch gebrannte Keramik kann durch den Brennprozess des Tons sehr häufig stark magnetisch sein. In jüngerer Zeit haben sich Messungen mit sogenannten Gradiometern durchgesetzt. Mit Geräten des Fluxgate-Typs können die Messungen kontinuierlich im Fußgängertempo bei digitaler Messwertregistrierung durchgeführt werden (Abb. 7, rechts). Werden die Messungen auf gleichabständigen Profilen gemacht, konstruiert der Computer flächige Verteilungen magnetischer Anomalien, die Einzelobjekten oder Bodenstrukturen zugeordnet werden können (Abb. 10).

Rufiniana Geomagnetik EBINGER MAGNEX

Abb. 10. Beispielfläche der Geomagnetik im Messareal Mutterstadt mit zahllosen scharf begrenzten positiven Anomalien in einem insgesamt magnetisch unruhigen Feld. Zur Längung der Anomalien gilt das zuvor bei Abb. 9 Gesagte, wobei ihr Charakter und die flächige Verteilung Gemeinsamkeiten aufweisen. Auch hier mehr dazu in Abb. 11 und im Text.

Rufiniana Geophysik TDEM und Geomagnetik

Abb. 11. Direkte Gegenüberstellung der Magnetfeldmessung und der Impulselektromagnetik auf demselben Flächenabschnitt aus den Abb. 9 und 10. Man beachte das teilweise Zusammenfallen der etwa gleichgroßen Anomalien bei allerdings stark schwankenden relativen Amplituden. Mehr dazu im Text.

Eine Besonderheit hat sich bei den geophysikalischen Messungen mit dem Ziel archäologischer Erkundungen im Areal Mutterstadt herausgestellt. Es ist die in Abb. 11 exemplarisch gezeigte teilweise gute Korrespondenz der Magnetfeldmessungen mit den Registrierungen der Impulselektromagnetik. Das ist nicht grundsätzlich ungewöhnlich, wenn man bedenkt, dass eisenmetallische Objekte in der Regel stark magnetisch sind, andererseits aber auch starke Induktionswirkungen verursachen können. Verwirrend sind in diesem Zusammenhang die starken positiven elektromagnetischen Anomalien (Abb. 11, rechts), die man gerne metallischen (eisenmetallischen oder nichteisenmetallischen) Objekten zuordnen möchte. Die Frage nach der Art der Objekte im Untergrund, die nach der Anmerkung zu Abb. 9 teilweise bis zu einigen Metern Größe dimensioniert sein müssen, stellt sich nach den Messungen auf einem ganz normalen Acker ohne weitere besondere Oberflächenmerkmale. Regelmäßige Konstrukte wie Leitungen aus Gusseisen kommen nicht in Frage, wobei wegen der Korrespondenz der beiden geophysikalischen Felder eine eisenmetallische Komponente nach wie vor überlegenswert sein muss.

Eine möglicherweise plausiblere Lösung drängt sich im Hinblick auf Römer-Hinterlassenschaften auf. Gesteinsmagnetische Untersuchungen an vom Acker aufgelesenen Ziegelbruchstücken (Abb. 12) belegen einen starken Magnetismus, der bekanntermaßen beim Brennprozess des Tonmaterials durch Neubildung stark magnetischer Minerale (z.B. Magnetit) entstehen kann – aber nicht muss. Das Besondere an diesen Ziegelbruchstücken ist ihre Reaktion auf impulselektromagnetische Geräte, die eine scheinbar starke metallische Leitfähigkeit anzeigen, die natürlich nicht gegeben ist, aber eine Folge eines ganz speziellen Magnetismus ist. Dieser Superparamagnetismus, der an Mikro- und Nanopartikel im Material gebunden ist, lässt Metallsuchgeräte nach dem Impuls-Prinzip wie bei metallischen Objekten reagieren.

Deshalb wird hier postuliert, dass viele der isoliert auftretenden starken impulselektromagnetischen Anomalien keine Reaktion auf Metalle im Untergrund sind, sondern gebrannte Keramik (z.B. kleinere Bauten oder generell Anreicherungen von Ziegeln) anzeigen. Von der Dimension her könnten dafür römische Heizungsbauten, wie sie Eyselein (1938) aus dem Mutterstadter Raum erwähnt, Brunnenanlagen oder aber auch Ziegeleibrennöfen in Frage kommen. Ohne Grabungsbefunde muss diese Annahme unbeantwortet bleiben; in späteren Kapiteln wird das aber noch einmal thematisiert.

Rufiniana römische magnetische Ziegelbruchstücke Mutterstadt

Abb. 12. Römische Ziegelbruchstücke aus einem bekannten Feld reichlicher Oberflächenfunde im Messareal Mutterstadt. Gesteinsmagnetische Messungen an den Proben zeigen starke Magnetisierung mit einem offensichtlich erheblichen Anteil von Superparamagnetismus. Siehe dazu den Text.

3.2.5 Umfang der Messungen

Aus den bisherigen Überlegungen zur Lage und Ausbreitung des vermuteten Rufiniana heraus wurden die geophysikalischen Messungen für drei Bereiche projektiert und durchgeführt (Abb. 13). Im Bereich am vermuteten Straßenkreuz wurden auf einer Fläche von 100 m x 100 m Bodenradar-Messungen sowie Messungen der Impuls-Elektromagnetik und der Geomagnetik durchgeführt. In einem mittleren Bereich wurde eine Fläche der Größe 100 m x 30 m mit denselben Verfahren vermessen und zwei Radar-Profile von 200 m Länge über die Römerstraße geführt. Beim vermuteten Bootshafen wurde im Anschluss an den Geländeabbruch zum Maudacher Bruch eine Messfläche für das Bodenradar von 100 m x 100 m bei einem Profilabstand von 4 m gelegt. Auf derselben Fläche wurden Messungen der Impuls-Elektromagnetik mit einer Abklingzeit (Delay) von 200 µs durchgeführt. Zusätzlich wurden auf einer Teilfläche der Größe 50 m x 60 m Magnetfeldmessungen und Messungen der Impuls-Elektromagnetik bei einer Delay-Zeit von 100 µs vorgenommen. Dabei ist anzumerken. dass bei längeren Delay-Zeiten Informationen schwerpunktmäßig über größere Tiefenbereiche erzielt werden, wobei kleinstückigere Objekte in ihrer Wirkung unterdrückt werden. Umgekehrt ist es bei kurzen Delayzeiten.

Rufiniana Lageplan Geophysik Mutterstadt

Abb. 13. Die Messareale der Geophysik.

4         Das neue Modell zur Lage von Rufiniana bei Mutterstadt 
4.1      Die Straßen 

Das neu hier vorgestellte Modell zur Lage der römischen Stadt Rufiniana bei Mutterstadt spannt im Prinzip die Region zwischen Worms und Speyer sowie schwerpunktmäßig zwischen Alsenborn (Kaiserslautern) und Ladenburg auf (Abb. 3, Abb. 14). Dabei spielen die Straßen-Magistralen Nord-Süd (die bekannte, an Mutterstadt vorbeiführende Rheintal-Römerstraße) und die hier postulierte und Rufiniana-Straße benannte West-Ost-Magistrale mit einer Kreuzung im Untersuchungsraum Mutterstadt, beide eingebunden in ein weitgespanntes überregionales und länderübergreifendes Verkehrsnetz, eine entscheidende Rolle (Abb. 14) (siehe auch Rösch und Rösch 2010) . Nachfolgend werden für Einzelabschnitte dieser West-Ost-Straßenmagistrale, Alsenborn – Bad Dürkheim (Abb. 15), der Abschnitt um Bad Dürkheim/Villa Rustica Wachenheim (Abb. 16), die Strecke Villa Rustica – Mutterstadt (Abb. 17, 18), der Kreuzungsbereich (Abb. 19-22) sowie der rechtsrheinische Abschnitt Mutterstadt – Ladenburg (Abb. 23) in Bild und Wort abgehandelt.

Rufiniana römischer Verkehrsknotenpunkt Kaiserslautern Enkenbach Alsenborn

Abb. 14. Römischer Verkehrsknoten-Bereich Kaiserslautern – Enkenbach – Alsenborn (K-E-A) als „Zubringer“ zur West-Ost-Magistrale der im Artikel abgehandelten Rufiniana-Straße (blau). In den folgenden Abbildungen finden sich im Detail die Resultate der neuen Recherche zur Römerstadt Rufiniana, in der die Magistrale eine wesentliche Rolle spielt.

Rufiniana vermutete Römerstraße Alsenborn Ladenburg

Abb. 15. 1. Jh.: Teilstück Alsenborn – Villa Rustica Wachenheim der favorisierten römischen West-Ost-Magistrale vom Verkehrsknoten-Bereich Kaiserslautern-Enkenbach-Alsenborn über Rufiniana nach Ladenburg. Ausgrabungen belegen ein römisches Straßenkreuz bei Lambertskreuz, das von einer Bergfestung (Drachenfels) überwacht wurde.

Die Teilstrecke Alsenborn – Bad Dürkheim. – Die vermutete ausgewiesene Strecke von Alsenborn zum Verkehrsknoten Lambertskreuz durchquert die Haardt-Höhe talfrei (vergl. die Schummerungs-Morphologie in Abb. 15) und ermöglicht bei durchgehend sehr geringen Wegstrecken-Steigungen Ochsengespann-Schwerlasttransporte mit erheblicher Zeitersparnis auf den Strecken Trier – Alsenborn – Bad Dürkheim – Speyer bzw. Bad Dürkheim – Rufiniana – Ladenburg. Ein denkbarer direkter Weg ohne Steigungen vom Frankenheimer Stich nach Bad Dürkheim im Tal der Isennach (entlang der heutigen B 37) kam nicht in Frage, da im Regelfall alle Täler in der Römerzeit ständigen Wetterkatastrophen ausgesetzt und wegen Fels- und Baumabstürzen unpassierbar waren. Der Regelfall waren deshalb Höhen- oder Hangstraßen.

Rufiniana Römerstraßen Bad Dürkheim Villa Rustica Wachenheim

Abb. 16. 1. Jh.: Karte der römischen Infrastruktur bei Bad Dürkheim (Kartenunterlage OpenTopoMap). Angenommene Verkehrskreuze Amtsgericht-Vorplatz, Villa Rustica Wachenheim und Brunhildisstuhl – Verladestation für den Steinbruch-Abwurfbereich.

Bad Dürkheim – Wachenheim, Villa Rustica.Am Amtsgericht-Vorplatz kreuzen sich die amtliche Nord-Süd-Straße und die amtlicherseits vermutete Römerstraße nach Mutterstadt sowie die hier im Artikel angenommene Verlängerung der Alsenborn-Magistrale nach Speyer und Mutterstadt (Rufiniana). Eingebunden in die Graphik ist hier die postulierte wichtige Land-/Wasser-Verladestation für den Brunhildisstuhl-Steinbruch

Rufiniana Römerstraßen Villa Rustica Wachenheim Mutterstadt

Abb. 17. 1. Jh., Recherche: Straßennetz, amtlich und – abweichend – vermutet (dieser Artikel) zwischen Verkehrsknoten Bad Dürkheim/Villa Rustica und Rufiniana mit dem nördlichen Rhein-Anlandeplatz (Wasserwerk-Vicus). Mehr dazu im Text. Kartengrundlage: vereinfacht und verändert, Stadtmuseum Bad Dürkheim. 1. Zur besseren Orientierung ist das Bachnetz mit dem künstlich geschaffenen Floßbach nach heutigem Verlauf eingezeichnet (siehe dazu Abb. 25).

Rufiniana Mutterstadt römische Straßen

Abb. 18. Recherche: Rufiniana (ab 10, spätestens ab 70) und sieben Vici als Folgesiedlungen des Kelten-Oppidum der Mediomatriker „Auf dem Limburg“. Die Römerstraßen (rot) waren ertüchtigte Keltenwege. Die Rufiniana-Kreuzung (siehe auch Abb. 17) ist ein grundlegendes Merkmal dieser vorgelegten Recherche. Mehr zu den Wasserwegen im Abschnitt 4.2.

Villa Rustica – Mutterstadt (Rufiniana).Amtlich vermutet (Abb.17) wird eine römische Streckenführung von Bad Dürkheim, die sich am Medardusbuckel-Vicus in einen östlichen und einen südöstlichen Zweig teilt. Dieser Streckenführung folgen auch die Annahmen in diesem Artikel, was die Graphik in Abb. 18 detaillierter zeigt. Danach wendet sich der östliche Zweig direkt zum hier postulierten römischen Rhein-Bootshafen, der südöstliche Zweig zum Rufiniana-Kreuz, was beides in nachfolgenden Abschnitten ausführlicher erörtert wird.

Die Rufiniana-Kreuzung, – Die bisher in ihrer genauen Lokalisierung unbekannte Straßenkreuzung wird in der Schummerungskarte des Digitalen Geländemodells sehr präzise dargestellt (Abb. 19). Das gilt genauso für den Verlauf der West-Ost-Magistrale vom Kreuz über den Friedhofshügel mit den reichhaltigen Ausgrabungen römischer Artefakte durch Mutterstadt hindurch in Richtung Medardusbuckel (Abb. 20).

Rufiniana Straßenkreuz Römerstraßen Mutterstadt DGM 1

Abb. 19. Die Römerstraße Worms – Speyer und die Kreuzung mit der Rufiniana-Straße im Digitalen Geländemodell DGM 1.

Rufiniana Römerstraße West-Ost - Magistrale

Abb. 20. Im Digitalen Geländemodell gut zu verfolgen: die vermutete West-Ost-Römerstraße vom Kreuz über den Friedhofshügel-Vicus und den Medardusbuckel-Vicus Richtung Alsenborn.

Das Bodenradar über der Römerstraße. – Aufschlussreich ist ein Blick mit dem Bodenradar in den Untergrund der Römerstraße (Abb. 21, 22). Vorläufige Auswertung, bei der auch noch die Berücksichtigung der Gelände-Morphologie fehlt. Die starken Reflexionen in der Straßenmitte (Abb. 21) mögen mit der Straßenkonstruktion zusammenhängen. Die blockartigen Einzelreflexionen am rechten Rand des Radargramms könnten zu denselben Objekten gehören, die auch in der Geomagnetik und der Impuls-Elektromagnetik zu sehen sind (Abb. 11). Mehr zu den geophysikalischen Messungen am Straßenkreuz steht im Abschnitt 4.3.1. Ein Vergleich mit einem Bodenradarprofil über die Rheintal-Römerstraße bei Maudach zeigt einen stark abweichenden Aufbau, was auch mit dem DGM 1 vermittelt wird.

Rufiniana Bodenradar über Römerstraße Kreuz MutterstadtAbb. 21. Ein Abschnitt der Römerstraße im Bild der Bodenradar-Messungen.

Rufiniana Bodenradar über Rheintal-Römerstraße bei Maudach

Abb. 22. Längeres Bodenradar-Profil über die Römerstraße nordwestlich von Maudach (Lage in Abb. 13). Eine breitere Doppelstruktur in einem insgesamt sehr komplexen Aufbau scheint sich im Radargramm anzudeuten. Ein Zusammenhang mit einer Straßenverbreiterung im Digitalen Geländemodel im Bereich der Profil-Querung (markierte Höhenlinien) könnte bestehen. Es fällt auf, dass der Straßenunterbau offenbar bis in mindestens 5 m Tiefe reicht., was auch für die Straßenkreuzung in Abb. 20 gilt.

Zum Aufbau der Rheintal-Römerstraße im Bereich Mutterstadt ist anzumerken, das bei keinem der mit dem Bodenradar aufgenommenen Querschnitte (z.B. Abb. 21, Abb. 22) noch der ursprüngliche Zustand, auch nicht in Relikten. angetroffen wurde. Dazu fehlen im Radarbild die zu erwartenden ausgeprägten Reflektoren der in der Literatur beschriebenen typischen Schichtungskörper eines festen Unterbaus. Es ist zu vermuten, dass bei Aufgabe der Straßenkörper die randlichen und tiefer liegenden Steinfundamente ausgegraben und anderen Bestimmungen zugeführt wurden.

Soweit mit den Messungen erfasst, bilden sich in den Radargrammen die morphologisch vor allem im DGM 1 sichtbaren Straßenkörpers im Untergrund nur als relativ schwach konturierte, einige Meter in der Tiefe und über 30 m in der Breite messende Aufwölbungen ab, die allerdings generell bis in die Radar-Registriertiefe von 5 m hinuntereichen. Möglicherweise ist auf diese Weise erreicht worden, dass im Rheintal bei Mutterstadt die Straße hochwassergeschützt, stabil im Untergrund verankert und bei allen Wetterlagen passierbar blieb.

Die rechtsrheinische Strecke der Rufiniana- Straße. – Die Fortsetzung der Rufiniana-Straße von Mutterstadt über den Rhein nach Ladenburg wird in Richtung Altrip beim heutigen Neckar-Zufluss angenommen (Abb. 23). Bei Altrip wird auch ein zweiter antiker Rufiniana-Bootshafen am Rhein angenommen, der bisher nicht nachgewiesen werden konnte,

Rufiniana Römerstraße Mutterstadt Altrip Ladenburg

Abb. 23. Die rechtsrheinische Rufiniana-Straße Rufiniana – Altrip – Ladenburg im Verbund mit überregionalen Römerstraßen. Teilweise Kartengrundlage: Lobdengau-Museum Ladenburg.

4.2      Die Wasserwege und Wasserhaltung 
4.2.1   Die antiken Bachzuflüsse zum Rhein und die örtliche (Brauch-) Wasserversorgung       

 Im Wissen von der Kreuzung zweier römischer Fernstraßen auf der Gemarkungsgrenze von Ludwigshafen-Rheingönheim und Mutterstadt wurde an diesem geografischen Punkt eine Ansiedlung vermutet. Deren Wasserversorgung (Brauchwasser, eventuell auch Trinkwasser, das vermutlich eher aus Brunnen gefördert wurde) durch ein Fließgewässer wurde gemäß der Mutterstadter Ortschronik (Eyselein 1938) als zwingend durch die vom Haardtgebirge kommenden, von Westen nach Osten verlaufenden Lachgraben, Marlach, Stechgraben und Schwabenbach erkannt. 1742 wurde ihr Lauf zum Rhein hin unterbrochen und ihr Wasser in einen sich im Bau befindlichen Kanal eingeleitet (Abb. 24). Dieser Kanal erhielt den Namen Floßbach, dessen Quelle erfunden wurde. Dass es ein künstlicher Wasserlauf war, geriet in Vergessenheit, wird aber in der neuen Ortschronik der Gemeinde Mutterstadt (2017) wieder angesprochen. Der Einfachheit und Übersichtlichkeit halber werden in den weiteren Graphiken (Abb. 25-27) und ihren Bildunterschriften weitere bedeutsame Befunde und Deutungen zur örtlichen Wasserversorgung einer größeren Rufiniana-Siedlung gebracht.

Möglicherweise weitere wichtige Befunde zum Beleg einer Römerstadt Rufiniana bei Mutterstadt haben Digitales Geländemodell und Geophysik im Hinblick auf eine unbedingt notwendige Wasserversorgung beigebracht, was gesondert in den Abschnitten 4.3.2 und 4.3.4 angesprochen wird.

Rufiniana Wasserläufe zur Römerzeit heutiger Floßbach-Kanal

Abb. 24. Karte mit den rekonstruierten Bachverläufen zur Römerzeit. 1742 wurde zwischen der Isenach und dem Rehbach ein Kanal, der dann sogenannte „Floßbach“, gegraben, der die Wasserzufuhr von Schwabenbach, Stechgraben, Marlach und Lachgraben zum Rhein abschnitt., was auch zur Verlandung des Hesse-Sees und des Mutterstadter Dorfgrabens als Schutzgewässer führte (siehe Abb. 26). In den heute gültigen archäologischen Karten wird der Kanal als Bach mit dem Namen „Floßbach“ der Römerzeit ausgegeben, beispielsweise im Stadtmuseum Bad Dürkheim.

Rufiniana Wasserversorgung über die römerzeitlichen Bachverläufe

Abb. 25. Die Wasserversorgung (Brauchwasser; Trinkwasser vermutlich eher aus Brunnen) zur Römerzeit für die Vici und die mittleren und südlichen Bereiche von Rufiniana durch die im 18. Jh. blockierten Zuflüsse von Stechgraben, Marlach und Lachgraben. Grün: vermuteter Rheinhafen.

Rufiniana Mutterstadter Grabensystem Ortschronik

Abb. 26. Aus der Mutterstadter Ortschronik (1967): Das Mutterstadter Grabensystem, das im 18. Jh. bei der Anlage des „Floßbach“-Kanals gründlich gestört wurde. Eine Fortsetzung von Marlach und Stechgraben (Abb. 25) ist zu vermuten.

Rufiniana Digitales Geländemodell Wasserversorgung zur Römerzeit?

Abb. 27. Digitales Geländemodell DGM1: Hinweise auf die Anlage und Nutzung von Becken (darunter der Hessesee) und Zisternen, die von Marlach und Lachgraben gespeist wurden. Den Querschnitt eines kreisrunden Beckens zeigt das untere Profil.

4.2.2   Der Hafen am antiken Rhein und Neckarzufluss – Geophysik 

Die bevorzugte Lage von Rufiniana an der römerzeitlichen Einmündung des Neckar in den Rhein (Eckoldt 1983) als bedeutender Wasserweg-Landweg-Knotenpunkt (Abb. 28) leuchtet ganz entscheidend durch den vermuteten Rufiniana-Bootshafen ein, dessen Existenz durch die hier vorgelegten geophysikalischen Messungen eine erhebliche Stütze erfährt. In den Abb. 29 -31 zeigen Luftbild und Digitales Geländemodell DGM 1 den Bereich, der für die Anlage eines Hafens bisher favorisiert wurde und in dem die ersten geophysikalischen Messungen des Bodenradar, der Impuls-Elektromagnetik und der Geomagnetik durchgeführt wurden. Dabei zeigt insbesondere das DGM mit der hochauflösen (10 cm Abstand der Höhenlinien) Topographie Strukturen im Maudacher Bruch, die morphologisch durchaus als Relikte alter Hafenbecken interpretiert werden können. Hier wird die Leistungsfähigkeit des DGM besonders deutlich, weil die Bodenstrukturen selbst in der dichten Wald-Vegetation erkannt werden.

Rufiniana Lage an Rhein und Neckar-Zufluss zur Römerzeit

Abb. 28. Die bevorzugte Lage von Rufiniana an der römerzeitlichen Einmündung des Neckar in den Rhein als bedeutender Wasserweg-Landweg-Knotenpunkt mit dem vermuteten Rufiniana-Bootshafen. Unter Verwendung von https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Rhein_an_der_Neckarmuendung.png; Autor Immanuel Geil. Ursprung der Karte siehe Anhang (3). Der hier eingefügte Verlauf des Stechgrabens (siehe Abb. 24, 25) soll deutlich machen, dass die Hafenanlage zusätzlich eine kanalartige Verbreiterung für einen möglichen Wassertransportweg von Westen einbezogen haben könnte.

Rufiniana Bootshafen Lageplan Geophysik

Abb. 29. Lageplan der Geophysik (rot) am vermuteten Rufiniana Bootshafen (blau). Grau: vermutlich Findling aus Römer-Beton. Google Earth.

Rufiniana Bootshafen am Maudacher Bruch DGM 1

Abb. 30. Digitales Geländemodell in einer 3D-Darstellung der Geländeoberfläche: Ein Abschnitt des Maudacher Bruchs mit dem Areal des vermuteten Rufiniana Bootshafens an diesem Altrheinarm (Blick nach Süden; siehe Abb. 29).

Rufiniana topographische Karte DGM 1 Lageplan Geophysik

Abb. 31. Digitales Geländemodell DGM 1: topographische Karte für das Areal des vermuteten Rufiniana Bootshafens am Altrheinarm (heute: Maudacher Bruch). Abstand der Höhenlinien 10 cm. Vorläufige Interpretation: Nach Westen aufgeweitetes Steilufer mit der Anlage von Hafenbecken, die durch nach Osten vorgetriebene Landungsstege getrennt sind. Rot: geophysikalische Messungen mit Hinweisen auf die vermutete Hafensiedlung (Abb. 32 – 34) .

Eine starke Stütze erfährt die Existenz eines römischen Rufiniana-Bootshafens durch die Messungen der Geophysik. Die relativ scharf begrenzten Reflexionsbänder hoher Reflektivitäten des Bodenradar in Abb. 32 deuten zweifelsfrei auf anthropogene Strukturen (Mauern, Fundamente?) bis in eine weitgehend einheitliche Tiefe von 3 m. Schichtige Strukturen sind vielfach zu beobachten.

 

Rufiniana Bootshafen Radargramme römische Hafenrelikte? Mauern Fundamente

Abb. 32. Auswahl charakteristischer Bodenradar-Profile aus der Messfläche am vermuteten Rufiniana-Bootshafen (mittlerer Bereich). Abstand der Messprofile 4 m.

Im unteren Radargramm sind charakteristische Reflexionsbänder markiert, wie sie für eine flächige Darstellung der Strukturen in Abb. 33 und passend für die gesamte Messfläche in Abb. 34 übernommen sind. Zu bedenken ist dabei, dass diese Balken-Zuordnung eine starke Vereinfachung darstellt und eine scharfe Begrenzung der Abschnitte stark erhöhter Reflektivitäten kaum einmal gegeben ist. Die generelle Verteilung dieser Elemente über die Messfläche hinweg, die sich auch ganz grob an der Morphologie orientiert (Abb. 34), trifft allerdings zu.

Eine Höhenkorrektur der Radargramme wurde noch nicht vorgenommen. Der Geländeabfall entlang der Profile beträgt rund 2 m. Einige der einfallen Reflektoren wandern bei Berücksichtigung mehr oder weniger in die Horizontale, andere versteilen.

Rufiniana Bootshafen Karte markanter Bodenradar-Indikationen

Abb. 33. Die Messfläche der Bodenradar-Messungen am vermuteten Bootshafen mit einer ganz groben Markierung (aus Abb. 32) der Reflexionsstrukturen auf den Messprofilen.

Rufiniana Bootshafen markante Bodenradar-Indikationen im DGM 1

Abb. 34. Übertrag der Radar-Strukturen von Abb.33 in die topographische Karte des DGM 1.Abstand der Höhenlinien 10 cm. Eine ganz grobe Anpassung der Verteilung der Radar-Die auf derselben Messfläche mit Strukturen an das Gelände scheint gegeben.

Die auf derselben Messfläche bei einem Profilabstand von 5 m durchgeführten geomagnetischen (auf reduzierter Fläche) und impuls-elektromagnetischen Sondierungen bekräftigen die Annahme verbreitet anthropogener Untergrund-Strukturen, wobei eingedenk der völlig unterschiedlichen Messparameter auch andere Struktur-Elemente deutlich werden. Bei der Karte der Magnetfeld-Anomalien (Abb. 35) ist zunächst ein profil-paralleles Streifenmuster zu berücksichtigen, das abgesehen vom Profil x = 0 m, mit dem bereits im DGM 1 erkannten Streifenmuster in Abb. 6 zusammenhängen dürfte. Dort wurde es bereits als ackerbauliches Merkmal z.B. mittelalterlicher Wölbäcker angesprochen. Der rote Streifen erhöhter Amplituden dürfte eine Auswirkung der weg-parallelen Gasleitung sein.

Eine schon früher (Abb. 9, 10) diskutierte Längung vieler Anomalien hängt einerseits mit der Interpolation der Daten bei größerem Profilabstand und kleiner Abtastrate auf den Profilen zusammen, ist in diesem Fall aber nicht die einzige Ursache. Das zeigt das Feld der aus den Daten berechneten gerichteten horizontalen Ableitung (Horizontalgradient, Abb. 36), das – als Nebeneffekt – das generelle Streifenmuster parallel zu den Profilen beseitigt, darüber hinaus aber auch senkrecht verlaufende Anomalien gezielt verstärkt. Damit wird in Abb. 36 deutlich, dass sich lang aushaltende streifenförmige schmale magnetische Anomalien über mehrere Spuren hinweg schnurgerade und bis zu 50 m Länge über das Feld in Richtung auf die Geländekante des Mauracher Bruchs ziehen.

Rufiniana Bootshafen Magnetfeld-Anomalien

Abb. 35. Anomalien des Vertikalgradienten der erdmagnetischen Vertikalkomponente. Messfläche = südöstlicher Quadrant der gesamten Geophysik-Fläche (Abb. 31).

Rufiniana Bootshafen Magnetfeld-Anomalien Horizontalgradient anthropogene Strukturen

Abb. 36. Karte des berechneten gerichteten Horizontalgradienten (Pfeilrichtung) der Magnetfeld-Messung von Abb. 35. Im Gradienten verschwindet das horizontale Streifenmuster, und senkrechte Streichrichtungen werden betont. Kleine Pfeile markieren schnurgerade über mehrere Spuren hinweg verlaufende Anomalien-Streifen. Mehr dazu im Text.

Nimmt man als Ergänzung das Resultat der impulselektromagnetischen Messungen hinzu, das für die gesamte 100 m x 100 m messende Fläche vorliegt (Abb. 37), verstärkt sich das Bild der anomalen streifenförmigen Strukturelemente in Richtung auf die Abbruchkante.

Als Deutung bieten sich Überreste aus Bauten an, die mit den vermuteten Hafenanlagen (Kaimauern?) und begleitenden Gebäuden zusammenhängen können. Die magnetischen Streifenanomalien könnten Mauerresten aus gebrannten Ziegeln zugeordnet werden, aber auch Konstrukte aus römischem Beton kommen in Frage. Der in Abb. 29 markierte Betonfindling an der Brücke über den Graben hat die typischen Merkmale eines römischen Betons, und eine Messung mit dem Magnetometer zeigt eine deutlich messbare Magnetisierung.

Insgesamt scheinen die geophysikalischen Messungen mit drei verschiedenen Verfahren eine andere Deutung als eine sich über mindestens 100 m erstreckende menschlich erstellte Anlage nicht zuzulassen. Die Resultate sprechen sehr stark für den Nachweis des vermuteten Rufiniana-Bootshafens.

Rufiniana Bootshafen TDEM Anomalien

Abb. 37. Karte der impuls-elektromagnetischen Messungen auf der Geophysik-Fläche (Delay 100 µs). Auch ohne Gradientenbildung, die wegen des nicht auftretenden Streifenmusters unnötig ist, zeigen sich schmale, linienförmige Leitfähigkeitsstrukturen senkrecht zu den Messprofilen im leichten Hangfallen. Mehrfach scheinen Doppelstrukturen mit ca. 5 m Breite aufzutreten.

 

4.3      Siedlungshinweise 
4.3.1 Übersicht 

Es ist die Regel in der Region, dass die Römersiedlungen auf den Keltensiedlungen begründet wurden, so mit hoher Wahrscheinlichkeit auch auf der Gemarkung Mutterstadt. Deshalb ergibt sich ein wesentlicher Hinweis auf die Lage von Rufiniana durch die Ausgrabung der größten Keltensiedung in der Pfalz im Jahr 1898 im Gewann „Auf dem Limburg“. Auf dem hier auch so genannten Kelten-Oppidum dürfte dann, in unmittelbarer Nähe zum Rufiniana Bootshafen, auch die Römer-Folgesiedlung des Vicus „Wasserwerk“ entstanden sein. Die Kelten, und später die Römer, siedelten deshalb „Auf dem Limburg“, weil sich dort bis in das 6. Jh. das Rheinufer befand. Diese Situation ermöglichte es zum einen, per Boot via Rhein und Mosel nach Trier oder, zum anderen via Neckar und Kocher nach Sindringen an den Limes zu gelangen. Nahm man einen 28 km langen Fußweg auf sich, konnte man via Neckar, Donau und Schwarzes Meer mit dem Handels- oder Militär-Boot nach Konstantinopel (das frühere Byzantium) gelangen.

Rufiniana Vici und Villae Rusticae im Bereich Mittelstadt

Abb. 38. Digitales Geländemodel DGM 1 (Schummerung) mit der Lage der Vici in der Gemarkung Mutterstadt. Benennung in Abb. 23. Der gelbe Pfeil weist auf ein Areal der Geophysik unmittelbar parallel zur Rheintal-Römerstraße (Abschnitt 4.3.4), der weiße Pfeil auf den Kreuzungspunkt der Römerstraßen. Es ist nicht in jedem Fall klar, ob es sich bei den markierten Orten um Vici oder nur um Villae Rusticae gehandelt hat.

Weitere Römersiedlungen werden auf der Gemarkung Mutterstadt angenommen, und die Lage der durch Funde und Ausgrabungen belegten bzw. angenommenen Vici zeigt Abb. 38 (nach Eyselein (1938, 1967). Reichhaltige neue Ausgrabungsbefunde sprechen für den in Abb. 38 besonders markierten Friedhofshügel-Vicus. Bei der Erweiterung des „Neuen Friedhofs“ Ende des 20. Jh. wurden römische Artefakte in einer sehr großen Anzahl gefunden, sodass eine Bergung vermieden wurde. Man schüttete den relevanten Bereich zu einem Hügel auf zu einer Höhe, sodass die Funktion, Bestattungen vornehmen zu können, erhalten blieb, ohne beim Aushub der Gräber auf römische Artefakte zu stoßen.

Schraffiert in Abb. 38 sind die Bereiche Nord und Süd, die durch ihre Konzentration von anthropogenen, geometrisch geprägten Bodenstrukturen auffallen (siehe die Abschnitte 4.3.2 und 4.3.3).

Die in Abb. 38 gezeigte Lage der Vici, die zusammen mit den schraffierten Bereichen die Existenz der Römerstadt Rufiniana als eine größere Einheit an einem Kreuzungspunkt zweier Römerstraßen vermitteln könnten, lädt zu einem Vergleich mit der bedeutenden Römerstadt Regensburg ein, was die Abb. 39 und 40 deutlich machen.

Rufiniana Vergleich Römerstadt Regensburg

Abb. 39. Zum Vergleich mit Rufiniana: die bedeutende Römerstadt Regensburg an der Donau; Beginn ab etwa 80 n. Chr. Zuvor möglicherweise ein Kleinkastell unter Kaiser Claudius. Nach dem römischen Donau-Hafen, den es mit Sicherheit gegeben hat, suchen die Archäologen in jüngster Zeit intensiv. Karte stark vereinfacht aus Bayerische Archäologie, 3/2019 (rg).

Rufiniana Vergleich Römerstadt Regensburg Detail

Abb. 40. Vergleich der Römerstadt Regensburg (von Abb. 39) mit Rufiniana (Abb. 18) etwa im selben Maßstab. Außer der strategisch wichtigen Lage an den großen Flüssen würde Rufiniana auch größen- und aufbaumäßig in dieselbe „Klasse“ der Römerstädte passen.

 

4.3.2 Der südliche Bereich einer angenommenen Siedlungskonzentration (Abb. 38) 

Während nordöstlich des Straßenkreuzes keine signifikanten Anomalien weder im DGM 1, noch der Impuls-Elektromagnetik, noch der Geomagnetik für verborgene Siedlungsrelikte sprechen (Messfläche in Abb. 41 eingezeichnet), muss die Frage nach solchen Strukturen westlich des Kreuzes in Richtung Mutterstadt aus Sicht der Geophysik wegen dort fehlender Messungen offenbleiben. Allerdings zeigt das DGM 1 (Abb. 41) im südwestlichen Winkel der sich kreuzenden Straßen morphologisch auffallende Geländestrukturen mit geometrischen, teilweise rechtwinkligen Formen, deren Ausrichtung einen deutlichen Winkel zu den heutigen Ackerbau-Richtungen bildet. Sich durchpausende Siedlungsstrukturen (Bebauung, Wasserversorgung) drängen sich auf, was im Anschluss an die Geophysik weiter unten erörtert wird.

Ein möglicher wichtiger Zusammenhang mit den Ergebnissen des Bodenradar auf der Messfläche, die vom Straßenkreuz nahezu vollständig eingenommen wird (Abb. 41).

Rufiniana Geophysik Lage am Römerstraßen Kreuz Mutterstadt DGM 1

Abb. 41. Im südwestlichen Winkel, den die sich kreuzenden Straßen bilden, erkennt man im DGM 1 morphologisch auffallende Geländestrukturen mit geometrischen, teilweise rechtwinkligen Formen, deren Ausrichtung einen deutlichen Winkel zu den heutigen Ackerbau-Richtungen bildet. Sich durchpausende Siedlungsstrukturen drängen sich auf. Die dortigen geophysikalischen Messungen (Abb. 34 A, B) wurden in dem markierten Quadrat durchgeführt.

Impuls-Elektromagnetik. – Die südliche Konzentration der Strukturen westlich vom Straßenkreuz sowie die Messfläche der Impuls-Elektromagnetik (Lage in Abb. 41) werden In Abb. 42 zusammengestellt.

Rufiniana Impuls-Elektromagnetik TDEM am Römerstraßen-Kreuz

Abb. 42. Das DGM 1 und die Messfläche der Impuls-Elektromagnetik (Lage in Abb. 41). Die extra als größerer Ausschnitt dargestellte auffällige Anomalie mit rechtwinkligen Strukturen ist als kleines Rechteck in die Schummerungskarte des DGM 1 übertragen, liegt genau im Kreuzungsbereich der beiden Straßen und könnte den dort bereits vermuteten Militär-/Überwachungsstandort (Burgus?) aufzeigen.

Klare anthropogene Strukturen in der Leitfähigkeitsverteilung sind stellvertretend als kleines Rechteck in die Schummerungskarte des DGM 1 eingezeichnet. Dort, genau im Kreuzungsbereich der beiden Straßen., könnte die Geophysik den dort bereits vermuteten Militär-/Überwachungsstandort aufzeigen, was die nachfolgenden Radar-Ergebnisse zu untermauern (möglicherweise im wahrsten Sinne des Wortes) scheinen. Die Geomagnetik bleibt dagegen unauffällig (hier nicht dargestellt). Von den Maßen und der Struktur her könnte es sich um die Überreste eines römischen Burgus handeln (siehe Abb. 43).

Rufiniana Geophysik am Straßenkreuz - Reste eines Burgus?

Abb. 43. Rekonstruktionsversuch des spätrömischen Burgus von Goch-Aspergen und Grundriss des Burgus von Finningen (Donau). Quellen:WIKIMEDIA COMMONS https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/5e/Sp%C3%A4tr%C3%B6mischer_Burgus_in_Goch-Asperden_%28D%29.png und https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/1b/Burgus_Finningen_Neu-lm_Bayern.png.

Bodenradar. – Das Bodenradar mit den Radargrammen präsentiert eine völlig neue Situation, die dem Kreuzungspunkt, abgesehen von dem nach der Geoelektrik vermuteten Burgus, offenbar eine besondere Bedeutung beimisst. Unübersehbar in den Radar-Messungen, und das über die gesamte Messfläche hinweg, ist eine klare schichtige Gliederung des Untergrundes bis in die Registriertiefe von 5 m. Eine Interpretation des Radarbefundes grenzt sehr klar vier verschiedene Horizonte gegeneinander ab, was in Abb. 44 und 45 deutlich gemacht wird.

Rufiniana Bodenradar am Straßenkreuz - Radargram mit anthropogen geschichtetem Untergrund

Abb. 44. Radargramm der Messfläche am Kreuz: beispielhafte Schichtung des Untergrundes.

Rufiniana Bodenradar am Straßenkreuz - Interpretation

Abb. 45. Das Radargramm aus Abb. 44 und ein Radargramm von der Mitte der Messfläche am Kreuz (Profilverlauf entlang der gelben Linien): beispielhafte Schichtung des Untergrundes, die sich nach Auswertung aller 26 Radargramme mehr oder weniger ähnlich über die gesamte Messfläche erstreckt.

Besonders signifikant sind Strukturen entlang der Messprofile, die man von den Radar-Signalen her als Zickzack-Strukturen in Abwechslung mit Linear-Strukturen bezeichnen kann. Einzelelemente haben dabei meist eine Breite von grob 5 m, häufig aber auch davon abweichend, schmäler oder breiter (Abb. 46). Signifikant ist darüber hinaus die Beobachtung, dass Zickzack- und Linear-Elemente ohne merkliche Energie-Abschwächung die gesamte Zeitskala von ca. 1,4 bis 3,5 m (Abb. 44, 45) nach unten einnehmen. Der Versuch einer Erklärung ist modellhaft in Abb. 46 skizziert: Die zugehörigen Reflexionen im Zeitbereich zwischen 1,4 m und 3,5 m kommen von seitlich versenkten positionierten Elementen mit relativ scharfer Untergrenze. Sie bilden mit der Richtung der Radar-Spur einen geringen Winkel von etwa 10° oder etwas weniger, was aus der zeitlichen Verzögerung in den Zick-Zack-Elementen und der Radarwellen-Geschwindigkeit abgeleitet werden kann. Die mehr oder weniger konstant bleibenden Amplituden in den Reflexionsbändern, können vermutlich mit der Ausbreitung sogenannter Stoneley-Wellen erklärt werden, die sich entlang von Grenzflächen zwischen unterschiedlichen Materialien ausbreiten. Im Abschnitt 4.3.4 treten diese Wellen offenbar auch in einem anderen Zusammenhang auf, was genauer im Anhang (1) erläutert wird. Das wenig einheitliche Bilder dieser ungewöhnlichen Reflexionsbänder über die Messfläche hinweg hängt dann sicherlich mit komplexen geometrischen Strukturen in der Untergrundpositionierung zusammen, was natürlich auch das Ergebnis unterschiedlicher Orientierungen der parallelen Radar-Profile in Bezug auf Reste bisher unbekannter, vermuteter Bauwerke im Untergrund sein kann.

Rufiniana Bodenradar Reflexionsbänder von Stoneley-Wellen

Rufiniana Bodenradar Modell zur Entstehung von Stoneley-Wellen an anthropogenen Strukturen

Abb. 46. Oben: Vergrößerter Radargramm-Ausschnitt mit charakteristischen Reflexionsbändern. Unten: Modellvorstellung zur Entstehung der Radargramme auf der Messfläche über dem Straßenkreuz. Erläuterungen zum Phänomen der Stoneley-Wellen stehen im Anhang (1).

Bei diesem Erklärungsversuch muss es hier vorerst bleiben, wobei nur eine sehr pauschale Deutung möglich ist. Offenbar besteht der gesamte Untergrund im Kreuzungsbereich, der die 100 m x 100 m-Messfläche nach dem DGM 1 nahezu vollständig einnimmt, aus einem mindestens 5 m mächtigen, weitgehend horizontal geschichteten Aufbau. Bei den untersten erfassten 3,5 m dürfte es sich um ein ganz grob geschichtetes, sehr grobes Steinmaterial als Fundament für einen stabilen Untergrund handeln. Es drängt sich die Vermutung auf, dass dieses Material auf einer West-Ost-Magistrale vom Steinbruch Bad Dürkheim auf dem Land- und/oder Wasserweg hierher geschafft wurde. Dieser Unterbau diente dann, eingeebnet, als Basis für Konstrukte spezieller Geometrien für einen einheitlich stabilen Kreuzungsbereich und/oder die Errichtung von Gebäuden (der Burgus?) und Befestigungsanlagen eines Kleinst-Kastells. Sicherlich sind weitreichendere Interpretationen möglich, wenn von dem jetzt praktizierten relativ großen Profilabstand der Geophysik von 4 m zu sehr viel engeren Messabständen übergegangen wird.

Mögliche Wasserversorgung. – Geht man im Digitalen Geländemodell von der Darstellung als schattiertes Relief (westliche Hälfte von Abb. 42) zur Darstellung der Höhenlinien einer topographischen Karte (Abb. 47/Abb. 27, Abstand der Linien hier 10 cm), so werden Strukturen viel schärfer als in der Schummerungskarte konturiert. Dabei bekommt der heute verlandete Hessesee, der in Verbindung mit dem Lachgraben schon zuvor (Abb. 24, Abb. 25) im Rahmen der Rufiniana-Wasserversorgung diskutiert wurde, Gesellschaft durch auffällige, teilweise kreisrunde Depressionen mit angedeuteten Umwallungen, die hier als mögliche Bestandteile weiterer Brauchwasser-Reservoirs (zusammen mit der Speisung durch die Marlach) hier am Rande der sich nach Süden ausdehnenden Rufiniana-Besiedlung angesehen werden könnten.

Verfolgt man den schraffierten Süd-Bereich in Abb. 38 nach Norden, so zieht er sich bis an den Friedhofshügel heran, der von der hier so genannten Rufiniana-Straße (die West-Ost-Magistrale nach Alsenborn) gequert wird (Abb. 21). Straßenverbindungen in diesem Bereich von der Hessesee-Senke bis zum Friedhofshügel deuten sich im DGM 1 an und vergrößern einen vielleicht geschlossenen Bereich im weiteren Umfeld des Straßenkreuzes und die mögliche Bedeutung einer Rufiniana-Großsiedlung.

Rufiniana Siedlungsstrukturen Wasserversorgung

Abb. 47. Noch einmal das Digitale Geländemodell DGM1 von Abb. 27: Gut zu den hier angenommenen Siedlungsstrukturen passen die Hinweise auf die Anlage und Nutzung von Becken (darunter der Hessesee) und Zisternen, die von Marlach und Lachgraben gespeist wurden.

 

4.3.3 Der nördliche Bereich einer angenommenen Siedlungskonzentration 

Noch deutlicher als der südliche Bereich in Abb. 41-42 vermittelt der nördliche Bereich in der Schummerungskarte der Abb. 48 (hier in etwas modifizierter Farbgebung) eine sehr starke, ganz offensichtlich anthropogen überprägte Untergrundstruktur. Unübersehbar im DGM 1 sind die vielfach klaren geometrischen Geländestrukturen auf einer Fläche von grob 10 km2 mit einem unzweifelhaft anthropogenen Ursprung. Die signifikant gegen das heutige Bewirtschaftungsmuster (NW – SE, SW – NE) gedrehten alten Strukturen betonen die Eigenständigkeit der Anlage. Nirgendwo in der näheren und weiteren Umgebung von Mutterstadt gibt es auch nur annähernd vergleichbare Befunde im DGM 1 (abgesehen von der viel kleineren Südstruktur), so dass sich die Frage aufdrängt, ob nicht hier das Zentrum der Besiedlung von Rufiniana gelegen hat, was durch weitere gezielte Untersuchungen verifiziert werden müsste, die unter Umständen auch auf Nachweise jüngerer Besiedlungen (mittelalterlich?) zielen. Die in den zuvor gezeigten Abbildungen (Abb. 25, 38) vorgeschlagenen Orte der Vici (bzw. Villae Rusticae) als Dokumente der römischen Besiedlung werden dadurch nicht hinfällig, wenn man den Vergleich mit der Römerstadt Regensburg mit den kleineren externen Zivilsiedlungen heranzieht (Abb. 40). Da sich die (Merowinger) Franken im 5. Jh. grundsätzlich nicht in den Römer-Siedlungen, zum Beispiel Rufiniana, direkt niederließen, lediglich nur deren Gewässer- und (Fern-)Straßeninfrastruktur benutzten, leuchtet es ein, dass der Ort Ruchheim (Abb. 48) als Frankensiedlung dezidiert am nordwestlichen Rande entstand. Ob die eingezeichnete Straßenführung von Rucheim zur Hauptstraße Worms – Speyer eine römische Anlage gewesen ist oder späten von den Franken eingerichtet wurde, muss vorerst offenbleiben. Messungen der Geophysik liegen aus diesem Areal bisher nicht vor.

Rufiniana Digitales Geländemodell DGM 1 römische (?) Siedlungsstrukturen

Abb. 48. Digitales Geländemodell DGM 1, schattiertes Relief (Schummerung), nördlich von Mutterstadt und direkt anschließend westlich von der Römerstraße Worms – Speyer in Höhe des Maudacher Bruchs mit dem vermuteten Rufiniana-Hafen (Abb. 29, 30).

 

4.3.4 Ungeklärte Verhältnisse in einem mittleren Bereich 

Impuls-Elektromagnetik. – Eine ungeklärte Situation hat die Geophysik an der römischen Rheintalstraße in Höhe der Westspitze von Maudach ergeben (Abb. 49, Schummerungskarte). Während die Magnetfeld-Messungen relativ unauffällig bleiben, bringen Bodenradar und die Elektromagnetik auffällige Strukturen, die sich vorläufig noch einer Deutung entziehen. Ein besonderes Merkmal im Feld der Elektromagnetik (Abb. 49) sind sehr kleinräumige Anomalien von grün markiert ganz einheitlich 3 m Breite entlang der 100 m langen Messprofile. Wegen der Steilheit der Anomalie-Begrenzungen dürften die Objekte bzw. ihre Oberkante in der Regel nicht sehr tief liegen.

Rufiniana TDEM Anomalien neben der Römerstraße

Abb. 49. Feld der Impuls-Elektromagnetik bei Maudach neben der Römerstraße mit den einheitlich konfigurierten etwa 3 m breiten Anomalien. Mehr im Text. Der die Straße begleitende Streifen höherer Widerstände (rötlich) könnte mit dem Straßen-Unterbau zusammenhängen.

Die Breite der Anomalien senkrecht zu den Messprofilen darf wegen des bereits eingangs erwähnten Interpolationsprozesses nicht falsch interpretiert werden; auf die drei Meter entfernten Nachbarprofile ziehen die Anomalien bis auf wenige Ausnahmen nicht hinüber. Es könnte sich also um quadratische Objekte oder auch runde Objekte mit ca. 3 m Durchmesser handeln. In zwei Flächen (schraffiert) scheint es auch zu Gruppierungen solcher Objekte oder Strukturen zu kommen. Von den relativen Messgrößen her sind die gelben bis blauen Farben relativ höheren elektrischen Leitfähigkeiten und die gelben bis roten Farben relativ niedrigeren Leitfähigkeiten (= höheren Widerständen) zuzuordnen. Metallische Objekte für die höheren Leitfähigkeiten können weitestgehend ausgeschlossen werden, da im Radarbild auf den identischen Messspuren entsprechende deutliche Reflexionssignale (Diffraktionen oder sog. „Klingeln“) nicht zu beobachten sind. Eine vernünftige Erklärung scheinen die oben angesprochenen superparamagnetischen Eigenschaften besonderer gebrannter Keramik zu sein, die bei impulselektromagnetischen Geräten (auch bei normalen Metallsuchgeräten der Sondengänger) starke, scheinbar metallische Signale erzeugen können. Im Fall der hier auftretenden Anomalien wäre demgemäß an Bauten beispielsweise aus gebrannten Ziegeln zu denken. Eine Deutung der Funktion, auch eine Alterseinstufung bleiben ungeklärt, wenngleich die Bodenradar-Messungen (siehe den nachfolgenden Abschnitt) eine wichtige Ergänzung liefern können.

Bodenradar. – Interessanterweise finden die Resultate der Geoelektrik Äquivalente in den Bodenradarmessungen. Wie in der Impuls-Elektromagnetik werden keine Siedlungsstrukturen in Form von im Untergrund verborgener Fundamente oder Mauerreste beobachtet. Auffällig sind stattdessen schmale vertikale Reflexionsbänder (Abb. 50, 51) mit einer Breite von 3 m (Abb. 50, unten), die bis in die Radar-Registriertiefe von 5 m reichen.

Rufiniana anthropogene Konstrukte Stoneleywellen-Reflexionen

 

Abb. 50. Radar-Profil x = 6 m auf der Fläche der Abb. 49. Pfeile kennzeichnen auffällige, vertikal doppelbänderartige Reflexionen erhöhter Amplituden. In einer Vergrößerung misst die Breite recht einheitlich etwa 3 m.

Rufiniana anthropogene Konstrukte Stoneleywellen-Reflexionen

Abb. 51. Dieselben vertikalen schmalen Reflexionsstrukturen auf den Radar-Profile, x = 24 und x = 27 (Abb. 49) zeigen das flächig vorkommende Phänomen.

Rufiniana Vergleich TDEM und Bodenradar anthropogene Konstrukte römische Brunnen?

Abb. 52. Korrespondenz zwischen den impulselektromagnetischen 3 m-Anomalien und den 3 m breiten vertikalen Radar-Reflexionsstreifen. Radar-Spur x = 3 m.

Stellt man die Messspuren der Elektromagnetik und die Radargramme auf jeweils denselben Spuren zusammen, so findet regelmäßig, aber nicht immer deutlich, eine gute Korrelation statt (Abb. 52). Dieselbe Ursache für Radar- und Elektromagnetik-Signale ist unübersehbar, was insbesondere die Passgenauigkeit zwischen den beiden 3 m-Anomalien in Abb. 53 zeigt. Wenn eine solche Passgenauigkeit nicht immer gegeben ist, muss bedacht werden, dass die Messprofile 3 m auseinanderliegen und die Messsysteme nicht linienförmig angeordnete Daten registrieren, sondern z.B. die Radar-Antennen Signale auch von der Seite und dort positionierten Objekten empfangen und die Sende-Empfangsschleife der Impuls-Elektromagnetik mit der 1 m x 1 m-Dimension gleichermaßen Seiten-Informationen erhält. Starke Radar-Indikationen müssen also nicht mit starken Elektrik-Indikationen korrelieren.

Rufiniana Vergleich TDEM und Bodenradar anthropogene Konstrukte römische Brunnen?

 

Abb. 53. Passgenaue Korrespondenz zwischen einer impulselektromagnetischen 3 m-Anomalie und einem 3 m breiten vertikalen Radar-Reflexionsstreifen.

Deutung. – Mit der Korrelation der beiden Messverfahren deutet sich eine Erklärung an, die insbesondere von den auffälligen Radar-Signalen eine Stütze erfährt. Sie ist einem Effekt zuzuordnen, der vor allem von geophysikalischen seismischen Messungen bekannt ist, gleichermaßen bei Bodenradar-Messungen auftritt und als Stoneley-Wellen bezeichnet wird. Im Anhang (1) wird der Effekt, der bereits bei den Bodenradarmessungen am Straßenkreuz konstatiert wurde (Abb. 46), genauer erläutert; hier genügt es zu wissen, dass Stoneley-Wellen bei seismischer oder Radar-Anregung in Verrohrungen vor allem von Bohrungen, aber auch in Kontaktflächen unterschiedlicher Materialien, insbesondre im Kontakt von fluider und fester Phase auftreten. Weil die vertikalen Radar-Signale hoher Amplitude nicht direkt auf benachbarten Profilen beobachtet werden, ist von schachtartigen oder röhrenförmigen Strukturen mit etwa 3 m Durchmesser auszugehen, und aus Ziegeln gemauerte Brunnen hinunter zum Grundwasser würden gleichermaßen mit den Resultaten von Bodenradar und Elektromagnetik verträglich sein.

Von der Dimension her kämen römische Brunnen (Durchmesser i.a. 2 – 7 m, Albrecht [2014]) in Frage, die wegen der Nähe (500 m) zum Altrhein (Maudacher Bruch) und bei einem geringen Höhenunterschied nicht sehr tief zum Grundwasser-Vorfluter zu graben waren. Abgelesen aus dem Digitalen Geländemodel besteht eine Tiefe des Grundwasserspiegels von weniger als 5 m (etwa 3 m nach Auskunft Einheimischer), was gut zu den Ergebnissen der Radar-Messungen passen würde. Wieweit die unmittelbare Nähe zur Römer-Straße eine Rolle gespielt haben könnte, bleibt gleichfalls offen. Außer römischen Einzelfunden im Bereich Maudach gibt es keine Hinweise auf Römer-Besiedlung (aus dem DGM oder der dort vorgenommenen Geophysik) in der Nähe (es sei denn bisher nicht bekannt im Ortsbereich Maudach), was zunächst eher nicht für einen Brunnenstandort spricht. Wenn außer der zuvor erörterten Brauchwasser-Versorgung über die Bäche eine zuverlässige Trinkwasserversorgung für einen ausgedehnteren Rufiniana-Siedlungsbereich angestrebt wurde, sind allerdings auch Brunnengalerien für unbelastetes Wasser außerhalb dichterer Besiedlung vorstellbar, was weiteren Untersuchungen vorbehalten bleibt. Möglicherweise muss die angeführte Regellosigkeit angenommener Brunnen-Standort im Areal der geophysikalischen Messungen auch gar nicht verwundern, wenn man über die Verfahren der Wassersuche für die Brunnenerschließung zur Römerzeit liest (siehe Anhang (2)). Für den Komplex Römerstadt Rufiniana bei Mutterstadt wäre das ein möglicher weiterer „Baustein“, wenngleich weitaus jüngere Anlagen, beispielsweise für ein mittelalterliches Maudach, vorstellbar sind.

 

5 Diskussion 

In der Diskussion um die Grenze zwischen Niederrhein und Oberrhein wird Ptolemäus mit Speyer (Neomagus), Rufiniana, Worm (Borbetomagus) und Straßburg (Argentoratum) zitiert, allerdings fehlerhaft in ihrer Ordnung (z.B. Reichard 1830). Im Sinne von Ptolemäus, der allein Rufiniana im Verband mit Worms, Speyer und Straßburg (Abb. 54) offenbar als eine wichtige römische Ansiedlung direkt an der Süd-Nord-Magistrale und am damaligen Rhein nennt, gibt Eisenberg als gegenwärtig meist genannter Standort wenig Sinn. An der Verbindung Worms – Metz über Kaiserslautern gelegen, hat Eisenberg nach den reichhaltigen Ausgrabungsbefunden sicherlich eine bedeutende Rolle, vielleicht als Bergbau-Siedlung, gespielt; Rufiniana sollte es eher nicht gewesen sein.

Rufiniana bisher vorgeschlagene Standorte

Abb. 54. Die bisher vorgeschlagenen Rufiniana-Standorte bei Eisenberg und Rheingönheim.

Das Kastell Rheingönheim, als eines von rund 50 von Claudius am Rhein angelegten Kastellen (z.B. Ulbert 1969), das zudem nach Bränden 70 n. Chr. im Jahr 74 aufgegebene wurde (Kolb 2006), sollte ebenfalls nicht die besondere Aufmerksamkeit von Ptolemäus um 150 erregt haben. Das Eingangs genannte Rouffach (deutsch Rufach) und auch eine rechtsrheinische Lokalisierung bei Heidelberg-Neuenheim wird nicht weiter in Erwägung gezogen.

Aufmerksamkeit beansprucht eine neuste Arbeit über frühe römische Lagerstandorte, die – vermutet – entlang des Rheins in Abständen von jeweils 12 Meilen eingemessen wurden (Eiberger 2019). Als einer der Standorte wird Mutterstadt mit der römischen Ausgrabung in der Bohligstraße (Eyselein 1967, Bernhard & Doll 1985) angesprochen und nicht ausgeschlossen, dass ein direkter Zugang zur Vermessung im Rheintal besteht. Im selben Zusammenhang wird explizit Rufiniana (mit Fragezeichen) in einer Tabelle als vermuteter Messpunkt für Lagerstandorte mit den Koordinaten 49°28’41.3“N 8°21’33.7“E angesprochen, direkt auf der Strecke der römischen Rheintalstraße (Abb. 55-57). Der Abstand (Luftlinie) zu Worms und Speyer würde jeweils genau die 12 Meilen betragen (Abb. 56).

römischer Standort Rufiniana nach der 12-Meilen-Regel

Abb. 55. Vermuteter römischer Lagerstandort Rufiniana (?) an der Römer-Rheintalstraße Worms – Speyer (nach Eiberger 2019). Google Earth.

römischer Standort Rufiniana nach der 12-Meilen-Regel

Abb. 56. Vermuteter römischer Standort Rufiniana auf genau halber Strecke zwischen Worms und Speyer. Pfeil: Auffallende Bodenstrukturen im Digitalen Geländemodell (Abb.36).

römischer Standort Rufiniana nach der 12-Meilen-Regel im DGM 1

Abb. 57. Der Lagerstandort Rufiniana (?) aus der römischen 12-Meilen-Vermessung (Eiberger 2019).

Damit rückt das Mutterstadter Rufiniana wieder in den Kern der Diskussion, wie es Eyselein (1967) bereits als überlegenswert hielt und dessen Meinung vielleicht auch den Autor der gleichabständigen römischen Lagerstandorte inspiriert hat.

Zusammenfassend können hier noch einmal die wesentlichen Punkte der Argumentation für die Realität von Rufiniana im Raum Mutterstadt und die West-Ost-Magistrale einer Rufiniana-Straße Alsenborn – Ladenburg im Mittelpunkt überregionaler Überlegungen präsentiert werden. Technisch gesehen haben sich die Römer weitgehend von der Maxime leiten lassen, ihre Straßenverbindungen nach dem Prinzip der kürzesten Verbindung zwischen zwei Punkten leiten lassen.

Damit musste Rufiniana prädestiniert liegen, vielleicht bereits vorgezeichnet durch die 12-Meilen-Vermessungsstandorte. Einerseits konnte sich dann nachfolgend eine Großsiedlung nach Süden entlang der Basel-Nordsee-Magistrale bis in den Raum des heutigen Mutterstadt entwickeln, wo die Zuflüsse von Lachgraben und Marlach zusammen mit dem Hessesee die notwendige Wasserversorgung lieferten. Andererseits und erst recht prädestiniert erwies sich dann die Entwicklung von Rufiniana durch die einmalige Lage im Kreuzungsbereich mit einer West-Ost-Magistrale von dem bedeutenden Verkehrsknotenpunkt Kaiserslautern – Enkenbach – Alsenborn über die Zwischenstationen – Lambertskreuz – Bad Dürkheim/Villa Rustica Wachenheim, dabei das Haardtgebirge auf einer sorgfältig ausgewählten Streckenführung ohne wesentliche Berg-und-Tal-Steigungen für einen leicht zu bewältigenden Schwerlastverkehr querend (Abb. 14, 15, 16). Diese hier Rufiniana-Straße benannte weitere Streckenführung vom Kreuzungsbereich gegen Osten traf dann auf eine ebenso herausgehobene Verkehrssituation mit der seinerzeit weit nach Westen reichenden Rheinschlinge und – besonders attraktiv – den genau in diesem Bereich damals existierenden deltaähnlichen Neckarzufluss.

Damit war Rufiniana ein wichtiger Wasser-Land-Verkehrsknotenpunkt geworden (siehe auch Bockius et al. 2013), der nicht nur über Ladenburg (am Neckar) den Landweg Richtung Osten über Heidelberg zum Limes anvisierte, sondern möglicherweise ganz großräumig über Speyer die Via Militaria Balkan – Konstantinopel (damals Byzantium) im Blick hatte (Abb. 58, 59). Nimmt man den zusätzlichen, durch die Geophysik stark untermauerten Aspekt der Hafengründung beim alten Oppidum „Auf dem Limburg“ (Vicus Wasserwerk) genau gegenüber der damaligen Neckareinmündung hinzu, so sind auch die Wasserwege über den Neckar (Ladenburg) nach Süden und über Rhein und Mosel nach Trier eingebunden (Abb. 58, 59). Das alles macht es auch leichter verständlich, warum Ptolemäus gerade Rufiniana erwähnte.

Rufiniana-Straße im großräumigen römischen Straßenverbund

Abb. 58. Rufiniana und die Rufiniana-Straße im Verbund mit dem regionalen und überregionalen Straßennetz und mit der Anbindung an das Wasserwegenetz über den damaligen Rheinverlauf und die damalige Neckar-Einmündung.

Rufiniana-Straße im großräumigen römischen Straßenverbund

Abb. 59. Rufiniana, eingebunden in den großräumigen römischen Verkehrsverbund mit dem Knotenpunkt Kaiserslautern-Enkenbach-Alsenborn.

Da der postulierte Rufiniana-Hafen am heutigen Maudacher Bruch eine wesentliche Rolle in der Modellvorstellung der Römerstadt Rufiniana bei Mutterstadt spielt, muss auf einen möglichen Einwand eingegangen werden, der die Verlandung der antiken Maudacher Rheinschlinge betrifft. Dazu wird eine Arbeit von Müller und Firbas (1949) herangezogen, die sich mit einer Ausgrabung im Maudacher Bruch beschäftigt. Von dieser Ausgrabung, die ein eisenzeitliches Bronzeschwert in einer Torfschicht antraf, hatte Prof. H. Gropengießer 1942 Proben für eine botanische Untersuchung an die Autoren geschickt. Am Fundort, der nicht exakt rekonstruiert werden kann aber im Artikel als 4 km südwestlich von Ludwigshafen, am Kreuzgraben, etwa 250 m westlich vom Schießhaus beschrieben wird, fand sich 1,6 m unter der Oberfläche das besagte Bronzeschwert, das von Gropengießer zusammen mit Keramik-Scherben in die frühe Hallstatt und etwa auf 900 v. Chr. datiert wurde. Mithin schließen die Autoren auf ein hallstattzeitliches Alter der Pollen, die im Torf unmittelbar über dem Schwert und darunter geborgen wurden, und auf eine hallstattzeitliche Vegetation am Ausgrabungsort. Auf die generelle Aussagekraft dieser Pollen-Vergesellschaftung kann hier nicht eingegangen werden, aber die Schlussfolgerungen der Autoren müssen sehr stark in Frage gestellt werden. Sie schreiben: „Da die Verlandung offenbar rasch verlaufen ist, dürfte dies nicht sehr lange vor der Bildung der untersuchten Schichten der Kalkmudde [unter dem Torf angetroffen] der Fall gewesen sein. Zu Beginn der Hallstattzeit war der Altrhein bei Maudach jedenfalls schon vom Strom verlassen und der Verlandung preisgegeben.“

Kritiker der Rufiniana-Hafenhypothese mögen nun argumentieren, dass eine seit der frühen Eisenzeit trocken gefallene Rheinschlinge nicht besonders attraktiv für einen römischen Bootshafen gewesen sein kann. Dazu muss man zunächst fragen, wieweit es zulässig ist, einen einzigen Ort einer Pollenentnahme, ohne das weitere geologische und geomorphologische Umfeld erkundet zu haben, für die gesamte Maudacher Altrheinschlinge (den Maudacher Bruch) sprechen zu lassen. Im Hinblick auf die Frage des römischen Rufiniana-Hafens wird diese Folgerung der Autoren besonders fragwürdig mit Blick auf die Karte der Abb. 60. Hier wird sehr deutlich, dass bei einem derart komplexen Ablauf, wie es die Rhein-Verlandung und die Verlagerung von Altrhein-Armen seit Jahrhunderten und Jahrtausenden gewesen ist, der Schluss von einem Grabungsbefund an einer einzigen Stelle sehr weitreichend extrapoliert wird. Eine partielle Verlandung mit Torfbildung im Bereich der Ausgrabung mag tatsächlich eine Zeitlang zu Beginn der Hallstattzeit stattgefunden haben, ohne dass sich über 2 km entfernt etwas im Bereich der Altschleife geändert hat. Nicht zu vergessen ist, dass eine partielle Verlandung nicht die nächsten 1000 Jahre Bestand haben musste, sondern dass es auch zu erneuten Flutungen der Seitenarme kommen konnte. Heue beträgt die Absenkungsrate im Oberrheintalgraben 1- 2 mm/Jahr, und zurück extrapoliert wären das in 1000 Jahren zwischen der frühen Eisenzeit und einer Errichtung eines Römerhafens bis zu 2 m Absenkung und ein Verschwinden aller bisher existierenden Teilbereiche einer Verlandung. Ein Argument gegen einen Rufiniana-Hafen am heutigen Maudacher Bruch, sofern es ins Feld geführt wird, hat mithin keine Basis.

Rufiniana Bootshafen Maudacher Bruch und Rhein-Verlandung

Abb. 60. Der Maudacher Bruch, die Lage des vermuteten römischen Bootshafens (Rechteck) und etwa die Lage der Ausgrabung mit der Pollen-Datierung (Dreieck). Die Luftlinie des Abstandes beträgt über 2 km.

In die Diskussion muss auch der bei Historikern und Archäologen früher offenbar in Vergessenheit geratene (in der neuesten Ortchronik der Gemeinde Mutterstadt [2017] aber beschriebene) Kanalbau des Floßbachs eingebracht werden, der im 18 Jh. die Zuflüsse von Lachgraben, Marlach und Stechgraben vom damaligen Rhein weit vor Mutterstadt abschnitt und heute als Bach mit einer erfundenen Quelle fungiert (Abb. 22). Für die dort existierenden Vici der Römer und der sich zu Rufiniana erweiternden Großsiedlung mit einem wichtigen Verkehrsknotenpunk waren die heute rekonstruierten Bachverläufe existenziell wichtig.

In die Diskussion eingebracht werden muss bei der Rufiniana-Recherche der unschätzbare Beitrag des Digitalen Geländemodells in seiner Form des DGM 1 mit einer flächigen Daten-Rasterung von 1 m x 1 m und der Höhenauflösung von 20 cm, mit Interpolationen in den Datensätzen und Karten zu weniger als 1 m und weniger als 20 cm. Datenbearbeitungen und Darstellungsmöglichkeiten als topographische Karten beliebig wählbarer Maßstäbe mit präzisen Profilentnahmen, räumliche 3D-Darstellungen und schattierte Reliefs („Schummerung“) erlauben mittlerweile ungeahnten Erkenntnisgewinn, der zunehmend in der Archäologie genutzt wird, sonst in der Geologie und Ingenieurgeologie eigenartigerweise aber kaum zur Anwendung kommt

Ähnlich verhält es sich mit der Geophysik. Von Ingenieurbüros und Geologiebüros zu Gunsten von Bohrungen immer noch weitgehend ignoriert, werden zumindest die hochauflösende Geomagnetik routinemäßig und geoelektrische Widerstandsmessungen mit geerdeten Elektroden immer wieder mal in der Archäologie eingesetzt. Die hier im Fall Rufiniana genutzte Möglichkeit der sehr rasch, kontinuierlich und mit hoher digitaler Auflösung arbeitende Impulselektromagnetik mit weitreichenden Möglichkeiten einer Anpassung an die Untersuchungsgegebenheiten haben auch kaum Eingang in die Archäologie gefunden. Das gilt gleichermaßen für das Bodenradar, das zwar zunehmend auch in der Archäologie eingesetzt wird, aber bei Anwendern sehr häufig weiterreichende Kenntnisse des Datenprocessing und bei der Interpretation fehlen und Resultate häufig unbefriedigend bleiben.

Die Resultate des Bodenradar in unserem Projekt Rufiniana – nachdem seine Aussagekraft bisher nur in einer Testphase bei ausgewählten Fragestellungen überprüft wurde, haben bereits zu den geschilderten, sehr weitreichenden Erkenntnissen geführt (Hafen-Standort, Ausweitung der Besiedlung, mögliches Kleinkastell am Kreuzungspunkt, mögliche Brunnengalerien), die die Vorstellung von einem bedeutenden römischen Standort Rufiniana bei Mutterstadt nachhaltig stützen. 

 

6 Schlussfolgerungen 

Das eingangs dieser Ausführungen formulierte Ziel, nach jüngsten Recherchen von Metzger (2019) Hinweise und Belege für eine Lage der von Ptolemäus erwähnten römischen Stadt Rufiniana bei Mutterstadt beizubringen, wurde erreicht. Der von Metzger anvisierte Streifen von grob 4 km Länge und einigen 100 m Breite zwischen dem Wasserwerk-Vicus im Norden und dem Bereich des verlandeten Hessesees im Süden bringt Resultate aus dem Digitalen Geländemodell DGM 1 und geophysikalischen Messungen mit drei sich ergänzenden Verfahren, die im Sinne der Rufiniana-Hypothese interpretiert werden. Herausstechend für eine Akzeptanz der Hypothese sind Geophysik-Belege für umfangreiche anthropogene Konstrukte im von Metzger vermuteten Hafenbereich, ebenso menschliche Konstrukte im Untergrund des mit Hilfe des DGL 1 genau lokalisierten Straßenkreuzes, die auf die Lage eines Überwachungs-Kleinstkastells deuten könnten, sowie Hinweise auf eine möglicherweise umfassendere Wasserversorgung einer größeren Siedlung. Bisher nicht mit geophysikalischen Messungen erkundet, aber sich im DGM 1 strukturell deutlich abzeichnend, wird eine Erweiterung, wenn nicht gar Konzentration des vermuteten Rufiniana im Norden des bisher favorisierten Areals und dort im westlichen Anschluss für nicht ausgeschlossen gehalten. Zusammen mit den bisherigen historischen und archäologischen Recherchen von Metzger (2019) wird mit den neuen Untersuchungen die Vorstellung von Rufiniana als eine Großsiedlung und als ein wichtiger römischer Land-/Wasser-Verkehrsknotenpunkt, der in ein überregionales und (aus heutiger Sicht) länderübergreifendes Verkehrsnetz eingebunden war, gestützt.

 

Danksagung .- Wir bedanken uns zunächst bei Hartmut Kegel, diplomierter Landwirt und Beigeordneter der Mutterstadter Gemeindeverwaltung, der zusammen mit seinen Berufskollegen erlaubt hat, ihre Ackerflächen für die geophysikalischen Messungen zu betreten. Der Dank des Autors H.M. gilt dem langjährigen Freund Volker Schläfer, Mitbegründer des Historischen Vereins der Pfalz, Ortsgruppe Mutterstadt, ehemaliger Geschäftsführer der Gemeindeverwaltung Mutterstadt und heute zuständig für das Mutterstadter Archiv. Er hat den kaufmännisch-organisatorischen, werbe-relevanten Part bei den Rufiniana-Recherchen übernommen. Wir bedanken uns ferner bei Frau Monika Eisenbarth, Leiterin der Schlarb-Bibliothek in Bad Dürkheim, für Ihre Ortskenntnis und den „Schatz“ alter Landkarten aus der Bibliothek, was sie beides in die Rufiniana-Recherche eingebracht hat. Manfred Schell hat mit seinen Wanderungen Wesentliches zu den Kenntnissen über den Römerstraßen-Abschnitt Lambertskreuz-Frankensteiner Stich/Friedensforst-Alsenborn beigetragen. Auch ihm einen herzlichen Dank. Ohne den umfangreichen Beitrag unseres Bodenradar-Spezialisten Jens Possekel bei den Geländearbeiten und beim aufwendigen Datenprozessing sowie ohne den unermüdlichen Einsatz von Till Ernstson bei den weiteren Messungen wären die hier präsentierten Resultate nicht zustande gekommen.

 

Literatur

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Bernhard, H. und Doll, L.A. (Hg.) (1985): Studien zu den Anfängen römischer Besiedlung in der Region Ludwigshafen. In: Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz 83, 41-44.

Bockius, R:, Kiefer, J., Schmidts, T. (2013): Führer zur Ausstellung im Museum für Antike Schiffahrt, Römisch-Germanischen Zentralmuseum Mainz.

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Gemeinde Mutterstadt (Hg.) (2017): Ortschronik Mutterstadt – 1250 Jahre : 767-2017. – Landau : KnechtVerlag, 2017. – 878 Seiten.

Hildenbrand, F.J. (1913): Die römischen Lager-Städte in der Oberrheinschen Tiefebene, vornehmlich Rufiniana. – In: Pfälzisches Museum. – 30 (1913), 17-19

Hommel, H., (1954): Rufiniana, der römische Name Heidelbergs?, in: Ruperto Carola, 6, Jg., Nr. 13/14, Juni 1954, S. 132-138.

Kolb, M. (2006): Das römische Gräberfeld von Rheingönheim. – Diss., Universität Mannheim, 236 S., 113 Taf.

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Reichard, C.G. (1830): Einige Worte über die Schrift des Herrn Dr. Wilhelm: die Feldzüge des Drusus im nördlichen Deutschland 1826. – In: Deutsche Alterthümer für alte und mittlere Geschichte, Geographie und Alterthümer (Hg. Prof. Dr. F. Kruse), III. Bandes V. und VI. Heft, Halle (Friedrich Ruff).

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Sprater, F. (1952): Wo lag Rufiniana? : Umstrittene Ziegelfunde bei Neuenheim. – In: Pfälzische Heimatblätter. – 1 (1952/53), S. 6.

Ulbert, G. (1969): Das frührömische Kastell Rheingönheim. Limesforschungen, Band 9 (Berlin).

Vitruv, De architectura – Von der Baukunst, dt. v. C. Fensterbusch, Darmstadt 1991, , VIII, 1,1.

Zangemeister, K. (1898): Zur Geographie der Rheinlande bei Ptolemaeus II 9 $ 9, in: Beiträge zur alten Geschichte und Geographie. FS für Heinrich Kiepert. Berlin 1898, 189-195.

 

ANHANG 
(1) Die Stoneley-Wellen bei Bodenradar-Messungen über Bohrungen, Brunnen-Schächten oder sonstigen vertikalen Material-Grenzflächen. 

Eine Stoneley-Welle ist eine Grenzwelle (oder Grenzflächenwelle), die sich typischerweise entlang einer Fest-Feststoff-Grenzfläche ausbreitet. Wenn sie an einer Fluid-Feststoff-Grenzfläche gefunden wird, wird sie auch als Scholte-Welle bezeichnet. Die Welle ist an der Grenzfläche von maximaler Intensität und nimmt exponentiell von ihr weg ab (partiell übersetzt aus Wikipedia).

Während Stoneley- bzw. Scholte-Wellen in der Seismik eine wohlbekannte Rolle spielen, werden ihre Beobachtung und Nutzung bisher kaum beachtet. Eine sehr schöne Beschreibung mit einer lehrreichen Animation unter dem Titel „Guided GPR Waves findet sich auf dieser Internet-Seite

https://www.leibniz-liag.de/en/research/methods/electromagnetic-methods/ground-penetrating-radar/guided-gpr-waves.html, und der nachfolgende Text ist mit Übersetzung von dieser Seite übernommen worden: 

Auf besondere und innovative Weise wird GPR (ground penetrating radar, Bodenradar) in Kombination mit einem Hohlleiter in einem Bohrloch eingesetzt, um hochauflösende Wassergehaltsverteilungen zu erhalten. Die Idee hinter diesem Verfahren liegt in der Verwendung von geführten elektromagnetischen Wellen, die sich vertikal entlang des Hohlleiters bewegen und an seinem unteren Ende reflektiert werden. Durch die Kenntnis der Tiefe des Hohlleiters können Geschwindigkeiten in jedem Tiefenintervall berechnet und über petrophysikalische Beziehungen in Wasserinhalt umgewandelt werden. 

Im Fall unserer Bodenradar-Messungen wurden diese charakteristischen Grenzflächen-Wellen beobachtet, und angeregt durch die Animation entstand die nachfolgende kleine Skizze (Abb. A1_1).

 

Rufiniana Modell zur Entstehung von Stoneley-Wellen an vermuteten römischen Konstrukten

Abb. A1_1. Modell zur Entstehung von Stoneley-Wellen

(2) Zu einem möglichen römischen Brunnenstandort bei Maudach: 

Auffällig ist die Anordnung der „Bauten“, die absolut keine Systematik erkennen lassen. Für römische Konstrukte könnte allenfalls die Beschreibung der praktizierten Wassersuche für Brunnen dienen, wie sie von Albrecht (2014) mit Zitat aus „VITRUV, De architektura – Von der Baukunst, Darmstadt 1991, VIII 1, 1-7″beschrieben wird: „… führt die Beachtung einiger Regeln fast immer zum Erfolg. Demnach muss man sich vor Sonnenaufgang bäuchlings auf die Erde legen und mit aufgestütztem Kinn den Boden beobachten. Dort wo Dünste aufsteigen, ist Wasser zu finden. Ferner müssen Beobachtungen des Bodens und des Pflanzenwuchses angestellt werden: Wasser kommt nur in bestimmten Bodenarten vor. So ist der Vorrat in Lehm- und lockeren, grobkörnigen Kiesböden gering und auch der Geschmack nicht gerade der beste. Bestimmte Pflanzen können nur dort gut wachsen, wo sich genügend unterirdisches Wasser befindet. Anzeiger hierfür sind Binsen, Weide, Erle, Keuschbaum, Schilf, Efeu und ähnliche Gewächse. Diese sollen sich allerdings nicht in Bodensenken befinden, da sich hier das Wasser besser speichert und so das Bild verfälscht werden kann. Um diese Beobachtungen zu festigen, müssen weitere Untersuchungen durchgeführt werden: An der gewünschten Stelle wird eine Grube ausgehoben, in die man bei Sonnenuntergang ein an der Innenseite mit Öl bestrichenes, kupfernes oder bleiernes Becken oder eine Schüssel umgekehrt hineinstellt; anschließend bedeckt man die Grube mit Schilf oder Laub. Wenn am folgenden Tag Wassertropfen und Ausschwitzungen in dem Gefäß zu finden sind, dann befindet sich an dieser Stelle Wasser. Wird in gleicher Weise mit einem ungebrannten Tongefäß verfahren, dann wird dieses, wenn die Stelle wasserhaltig ist, feucht sein und durch diese Feuchtigkeit sogar zerfallen. Wenn man ein Wollbündel in die Grube legt und sich am folgenden Tag daraus Wasser herauspressen lässt, dann zeigt auch dies an, dass die Stelle wasserhaltig ist. Stellt man an dieser Stelle eine mit Öl gefüllte Lampe bedeckt auf und ist diese am folgenden Tag nicht ausgebrannt, sondern ist selbst feucht und zeigt noch Reste von Öl und Docht, dann ist die Stelle wasserhaltig. Auch wenn man an der Stelle Feuer macht und das erwärmte und verbrannte Erdreich einen nebelhaften Dunst aufsteigen lässt, wird Wasser zu finden sein.“ 

Danach muss es nicht Wunder nehmen, wenn es sich bei Maudach an der Römerstraße um aus unserer Sicht wahllos platzierte römische Brunnen handelt, für welche Zwecke bzw. Abnehmer auch immer.

(3) Verschiedene Flussläufe im Laufe der Jahrhunderte im Großraum Mannheim auf einer Karte von 1850

Abb. A3_1. Ausschnitt der „Charte des alten Flußlaufes im Ober-Rhein-Thal. Erstes Blatt. Bei BRAUN in Carlsruhe 1850“. Vermutlich Grundlage der Karte in Abb. 28.